Das Zentralstellwerk Zürich der SBB im Modell
Januar 2025
Im Bahnhof St. Muhrtal auf der Anlage des Flawiler Modelleisenbahn-Clubs MECF fehlte noch ein passendes Stellwerksgebäude. Die Wahl fiel auf den Nachbau des schon fast legendären Zentralstellwerks Zürich.
Das Vorbild
An den Gleisen des Vorbahnhofs Zürich entstand zwischen 1960 und 1963 ein markantes Bauwerk – das Zentralstellwerk Zürich der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. Es vereinte verschiedene kleine Stellwerke und wurde in der damals neuen Relaistechnik mit einem Gleisbildstellwerk der Bauform SpDrS-SBB von Siemens ausgerüstet. Max Vogt war Architekt des imposanten Sichtbetonbaus mit der zu den Gleisen hin fünf Meter herausragenden Kanzel. Darin waren die Stelltische ursprünglich so angeordnet, dass die Fahrdienstleiter Sicht auf das Geschehen im Gleisfeld hatten.
Der markante Sichtbetonbau des Zentralstellwerks Zürich (1996). Bild: Urs Berger
Das Gebäude verschwindet heute förmlich im Dschungel der Neubauten um die Europaallee (2018). Bild: Urs Berger
Nach der Modernisierung 1989 änderte sich die Situation: Die Stelltische sind verschwunden und das Bedienpersonal arbeitete von nun an mit dem Rücken zum Gleisfeld, erhielt aber sämtliche Informationen zum Zugsverkehr im Bahnhof Zürich und in den umliegenden Stationen über eine neue, grosse Panoramatafel. Mit einer codierten Bedienung konnte das Stellwerkspersonal in das Geschehen eingreifen.
Seit 1989 wird für die Zugverkehrsleiter die Zugslage im Raum Zürich an der neuen Panoramawand dargestellt. Bild: SRF/Christoph Brunner
Im Rahmen des Fortschritts der Automatisierung fassten die SBB ihre gesamte Zugsverkehrsleitung in nur noch vier Betriebszentralen zusammen. Dabei wurde 2014 die Bedienung des Bahnhofs Zürich in die auf dem Flughafengelände Zürich beheimatete Betriebszentrale Ost integriert. Seither ist es ruhig geworden in der Stellwerkskanzel. Auch das Umfeld des Zentralstellwerks hat sich geändert, versinkt doch der früher so markante Bau förmlich zwischen den neuen Wohn- und Geschäftsbauten der Europaallee. An Glanz hat das Bauwerk aber keineswegs verloren. Zwischen 2012 und 2014 erhielt es eine Sanierung und erinnert noch immer, zusammen mit anderen SBB-Bauwerken wie die Bahnhofsgebäude von Zürich Altstetten und Effretikon, an das Schaffen des 2019 verstorbenen Architekten Max Vogt.
Das Modell
Zur Beurteilung der Grösse und des Aufstellungsorts wurde eine Maquette aus Holz und Karton hergestellt, beklebt mit einem entsprechend skalierten Fassadenbild. Der Massstab 1:100 war für die örtlichen Platzverhältnisse ideal. Dank der schlichten Bauweise des Originals bot sich eine Modellkonstruktion aus Polystyrolplatten an. Die Details wurden Originalfotos entnommen. Weil die Fenster keine aufgesetzten Fensterrahmen besitzen, musste auf genaue Fensterausschnitte geachtet werden, wofür sich das Laserschnittverfahren bestens eignete. Alle relevanten Teile wurden gezeichnet und zugeschnitten. Der Rest war Handarbeit. Der Haupttrakt erhielt die stattlichen Abmessungen von 70 x 400 mm Grundfläche und eine Höhe von 260 mm. Die Kanzel steht 50 mm vor, und der Funkmast ragt noch zusätzlich 290 mm in die Höhe.
Die mit einfachen Mitteln erstellte Maquette diente der Beurteilung von Massstab und Aufstellungsort.
Im Laserschnittverfahren zugeschnittene Teile aus Polystyrolplatten.
Alle für den Bau des Modells erforderlichen Teile auf einen Blick.
Die aus den Einzelteilen zusammengebauten Baugruppen sind für das Lackieren bereit. Die beiden Rollen sind die Schnittfolien für die Fensterrahmen.
Die Sichtbetonfassade markiert ein weiteres Merkmal des Bauwerks. Mit einer Nadel geritzte Furchen erzeugen die Spuren der Betonschalung, welche mit der Einfärbung und Nachbildung von Ausblühungen der Fassade ein reelles Aussehen verleihen.
Die Fenster bestehen aus einer tragenden Klarfolie, einer aufgebrachten Sonnenschutzfolie und einer anthrazitfarbenen Schnittfolie als Fensterrahmen. Diese Folienkombinationen wurden von innen hinter die Fensteröffnungen geklebt.
Spannend war die Herstellung der Kanzel. Die Geometrie der abgeschrägten Fensterpartie erforderte einen präzisen Zuschnitt. Die Lamellen im Dachbereich zur Verhinderung ungünstiger Sonneneinstrahlung wie auch die Hängebahn für die offene Reinigungskabine wurden nachgebildet. Das Innenleben entspricht etwa jener Zeit, in der die Fahrdienstleiter mit dem Rücken zum Gleisfeld ihre Blicke auf die Panoramatafel richteten und von ihren Arbeitsplätzen den Zugsverkehr leiteten. Mit selbst hergestellten Pultmöbeln, Bildschirmen, Tastaturen, Telefonapparaten und Abfalleimern sowie Miniaturfiguren wurde der Raum der Zugverkehrsleitung gestaltet.
Die Bestückung des Funkmastes hatte sich über die Jahre immer wieder verändert. Mit der Entwicklung der Funktechnologie entstanden neue Antennenformen. Im Modell trägt der etwas verkürzte Hauptmast die dem aktuellen Zustand entsprechenden Antennenkonstruktionen, hergestellt aus kleinen Kunststoffprofilen und Drähten.
Bei Fenstern mit reflektierenden Sonnenschutzfolien sind die Inneneinrichtungen in der Regel nur nachts bei beleuchteten Räumen sichtbar. Weil dies bei der vorhandenen Tag-Nacht-Steuerung der Fall ist, wurden neben der Kanzel auch die Büroräume mit Innenleben und ein Teil der Etagen mit nachgebildeten Relaisgestellen ausgestattet.
Das fertige Modell zwischen den SBB- und den RhB-Gleisen im Vorbahnhof des Kopfbahnhofs St. Muhrtal.
Das Stellwerksgebäude mit der markanten Kanzel aus Sicht des ausfahrenden Zugs.
In den Abendstunden herrscht noch reges Treiben in der Zugverkehrsleitung, während in den Räumen mit den Relaisgestellen Vorarbeiten für einen nächtlichen Unterhaltseinsatz vorbereitet werden.
Die Dachpartie mit dem 30 cm hohen Funkmast und den Kühlaggregaten für die Klimaanlagen.
Blick in Richtung der (noch nicht fertig gestalteten) Einfahrt des Kopfbahnhofs.
Sicht aus der Vogelperspektive auf das Zentralstellwerk. Rechts die normalspurigen SBB-Gleise, links die Zufahrt zum schmalspurigen RhB-Bahnhof.
Die Kühlaggregate der Klimaanlagen entstanden aus verschiedenen Kunststoffprofilen und befinden sich auf dem Hauptdach sowie dem Vordach des Eingangsbereichs. Kleine Dinge wie Überwachungskameras, Alarmleuchten oder andere technische Einrichtungen sind das berühmte Salz in der Suppe.
Unübersehbar ist schliesslich der blaue Balken mit dem Bahnhofsnamen und der schlichten, aber markanten Uhr, welche ebenfalls die Handschrift des Architekten Vogt trägt. Im Modell steht hinter dieser Uhr jedoch noch ein ungelöstes Problem, denn ihre Zeiger und Teilstriche leuchten im Original nachts aktiv. Müsste die Uhr nicht laufen (wie die meisten Bahnhofsuhren auf Modelleisenbahnanlagen), wäre das ja kein Problem. Sollte sie aber laufen, wird das Einbauen einer Beleuchtung bei den sehr kleinen Platzverhältnissen zu einer richtigen Herausforderung. Es bleibt noch etwas zu tun!
Die Kanzel erlaubt den Fahrdienstleitern einen Überblick auf den regen Zugsverkehr im Vorbahnhof.
Auf seiner Ausfahrt passiert der TEE RAe II das Zentralstellwerk.
Passend zu der vorbildgetreuen Stellwerkstechnik unserer Clubanlage bereichert das Gebäude des Zentralstellwerks St. Muhrtal die Gleisanlagen des Vorbahnhofs. Es erinnert an die Situation am Zürcher Hauptbahnhof und vermittelt dem Areal ein gewisses Grossstadt-Flair.