Auf der Modelleisenbahn-Anlage des MECF sind im Normalspurbereich schon seit über 20 Jahren die Eigenbau-Drucktastenstellwerke Domino 55 und Domino 67 in Betrieb. Später gesellte sich dann beim Bau des Kopfbahnhofs St. Muhrtal das elektronische Stellwerk mit dem Fernsteuersystem ILTIS dazu. Als vor 15 Jahren die Schmalspurstrecke mit den beiden Bahnhöfen Burgfelden und Solis sowie der Gemeinschaftsbahnhof SBB/RhB St. Muhrtal gebaut wurde, liess man den Entscheid für die Stellwerke dazu offen und baute einfache Provisorien mit Gleisbild und Kippschalter für Weichen, Signale und Fahrabschnitte.
Schalterstellwerke, wie sie lange bei den SBB und RhB im Einsatz standen, waren schon lange im Visier. Solche Stellwerke waren im Handel nicht erhältlich, weshalb ein Eigenbau in Erwägung gezogen wurde. Einige Vorabklärungen zeigten, dass dies machbar wäre und an der Hauptversammlung im Frühjahr 2017 fielen der Entscheid und damit auch der Startschuss für das Projekt "Schalterstellwerk MECF"!
Idee
Die Schalterstellwerke Bauart Integra mit den elektromechanischen Komponenten waren zuverlässige Stellwerke, die dank der möglichen Gleisisolierungen einen hohen Schutz des Fahrbetriebs auch bei Rangierfahren boten. So entschieden wir uns für diesen Stellwerkstyp. Aussehen und Bedienung sollten dem Original entsprechen, die Schalter und Relaistechnik aber mit den heutigen Möglichkeiten der Elektronik und Mikroprozessor-Technik vereinfacht ausgeführt sein. Die RhB-Strecke soll mit dem Mehrzugsystem ZIMO ausgerüstet und die Möglichkeiten des RailCom wo sinnvoll genutzt werden. Somit sieht die Sicherungstechnik der Schmalspurstrecke zukünftig wie folgt aus:
- Für die Bahnhöfe Burgfelden und Solis je ein einreihiges Schalterstellwerk in Pultform mit schräg angeordnetem Gleisbild im Massstab 1:1,6 (gleicher Massstab wie die vorhandenen Domino-Stellwerke)
- Automatische Beeinflussung der Geschwindigkeit bei Zugfahrten
- Im Rangierbereich Belegtmelder für die Weichenabschnitte (zum Schutz vor Umstellen bei belegter Weiche)
- Elektronisches Stellwerk eStw für St. Muhrtal mit Zwergsignalen
Schalterstellwerk Original
Als Stellwerke werden landläufig Einrichtungen benannt, welche im Eisenbahnbetrieb Weichen und Signale stellen. Mit ihnen soll einerseits die Sicherheit gewährleistet und andererseits ein effizienter Betriebsablauf ermöglicht werden. Zu Beginn übernahmen komplizierte und ausgeklügelte Mechaniken diese Funktion in Form von Hebelstellwerken. Durch Weiterentwicklungen unter Nutzung der elektromechanischen Schalt- und Relaistechnik entstand eine neue Stellwerkgeneration, die Schalterstellwerke. Schalterwerke waren gelungene Kombinationen von Mechanik und Elektrik mit elektromagnetisch betätigten Verriegelungsklinken.
Ab den Jahren 1930 ersetzten Schalterstellwerke die rein mechanischen Hebelstellwerke schrittweise, so auch auf dem ganzen Netz der RhB. In der Schweiz kamen mehrheitlich Stellwerke von zwei Herstellern zum Einsatz. Als Vorbild wählten wir das System Integra als einreihiges Schalterstellwerk in Pultausführung.
Arbeit am Schalterstellwerk
Steht der Weichenschalter in der senkrechten Stellung, dann befindet sich die Weiche in gerader Stellung beziehungsweise in der Stellung, wie sie im Gleisbild als Hauptfahrrichtung gekennzeichnet ist. Sinngemäss gilt die waagrechte Stellung für eine ablenkende Weiche. Leuchtet die rechte Anzeige am Weichenschalter, dann ist deren Endlage erreicht und überwacht. Die linke Lampe zeigt bei gedrücktem Weichenschalter an, ob die Weichenhebelsperre freigeschaltet ist und der Schalter umgelegt werden kann.
Die Auswahl der Fahrstrasse geschieht mittels den Stationsgeleisen zugeordneter Gleistasten. Diese müssen in der ersten Rast des Fahrstrassensignalschalters gedrückt werden. Dadurch wird nach Prüfung der korrekten Lage der Weichen die Freigabesperre des Fahrstrassensignalschalters erregt, wodurch dieser weitergedreht werden kann. Sind die Blockbedingungen, die Weichenüberwachung sowie weitere Bedingungen geprüft, wird auch die Kuppelstromsperre, die nur beim Einstellen des Schalters wirkt, erregt. Daraufhin kann der Schalter bis 90° gedreht werden. Das Signal geht dabei automatisch auf den Fahrbegriff, den die Weichenstellung erlaubt. Das Signal wird durch die Zugsfahrt im passenden Moment auf Halt gestellt, die Auflösung der Fahrstrasse geschieht aber erst durch manuelles Drehen des Fahrstrassensignalschalters in die vertikale Grundstellung. Verschiedene Zustände von Sperren und Überwachungen werden an den Drehschaltern angezeigt.
Der Einzug reiner Relaissteuerungen (Domino) und elektronischer Steuerungen (eStw), heute gepaart mit den Computer-Systemen und Fernsteuerzentren, leiteten das Ende der Schalterstellwerke ein. Dank der Computertechnik lassen sich heute Betriebsabläufe wie Zuglenkung und Überwachung automatisieren. Auf dem RhB-Netz standen einzelne Schalterstellwerke noch bis ins Jahr 2015 im täglichen Einsatz.
Schalterstellwerke im Modell (MECF)
Aus der Anforderung, Aussehen und Bedienung soll dem Original entsprechen, ergab sich folgendes Konzept:
- Bedienungselemente und Gleisbild wie Original, aber verkleinert (Massstab 1 : 1,6)
- Drehschalter mit Schaltersperren und Verriegelungsmagnet (Index- bzw. Kurvenscheiben) und Drehwinkelerkennung über Potentiometer
- Drucktaster ohne und mit Verriegelung bzw. Plombiervorrichtung
- Mikroprozessor-Steuerungen (1 x Stellwerk, 1 x Besetztmeldung / Zugsbeeinflussung)
- Leiterplatten für digitale und analoge Ein-/Ausgänge, Gleisbelegtmeldung, Geschwindigkeitsvorgabe und RailCom-Signal
- Streckenblöcke mit Blockschleifen-Analogsignal
- Weichen- und Blockwecker über mp3-Abspielmodul
Im Detail ergab sich dann folgender Aufbau:
Pult: Gleisbild und Schalterplatte entstanden aus Stahlblech, lackiert im Original-Farbton RAL 7034. Die Darstellung des Gleisbildes entstand aus Schnittfolien, die Beschriftung mit Abreibe-Buchstaben. Gravierte Schilder dienen der Kennzeichnung von Schalter und Tasten. Der Rest des Pultes (Gehäuse) entstand aus Holz.
Drehschalter: Die Schalterachse muss beim Drehen aus der Rasterung gedrückt werden. Deshalb sind dafür ein Rasterbolzen und eine Rückstellfeder vorhanden. Über den Handfallenkontakt wird erkannt, ob die Schalterachse gedrückt ist. Die Index- bzw. Kurvenscheiben bilden zusammen mit den elektrischen Hubmagneten das Sperrklinken-System. Während beim Weichenschalter lediglich eine Weichenhebelsperre vorhanden ist, sind es beim Fahrstrassensignalschalter deren zwei: die Freigabe- und die Kuppelstromsperre. Für das Ermitteln der Schalterstellung (Winkel) dient ein an die Schalterachse angekoppeltes Potentiometer. Verdrahtet sind die elektrischen Komponenten auf eine am Schalterende angebrachte Leiterplatte, die auch die Leistungstransistoren für die Ansteuerung der Magnete enthält. Über einen einzigen 10-poligen Stecker lässt sich jeder Schalter einfach an die Steuerung anschliessen oder trennen.
Taster: Das Aufwändigste an den Tastern waren die auffälligen Tastenelemente (Stössel und Kragen) sowie die Plombiervorrichtung. Hinzu kommen die Verdrehsicherung sowie der erforderliche Mechanismus für die Feststelltasten. Mit der gewählten Konstruktion wurden die verschiedenen Einzelteile sowie die Montage relativ einfach.
Steuerung: Je ein Mikroprozessor-Board Arduino MEGA für die Stellwerksfunktionen und die Fahrstromsteuerung (Belegtmeldung, Geschwindigkeitsvorgabe, RailCom) sind das Herzstück der Steuerung. Die auf Lochplatten basierenden Leiterplatten bilden die Schnittstelle zu den etwa 200 Aus- und 100 Eingängen, mit denen die Weichen und Signale angesteuert sowie die Schalter, Tasten und Weichenrückmeldungen eingelesen werden. Die Leiterplatten-Anschlüsse sind alle auf Stecker geführt.
Software: Von den Original-Schaltkreisen lagen Prinzipschemata vor [Oehler, Eisenbahn-Sicherungstechnik], welche für unsere Verhältnisse angepasst und für den Steuerungsablauf entsprechend umgesetzt wurden. Mit der ortsabhängigen Zugsbeeinflussung, welche unabhängig der Lokadresse die Geschwindigkeit eines auf dem Abschnitt stehenden Zuges steuert, werden Geschwindigkeiten und Halt bei Zugsfahrten reguliert. Dazu muss das Schienensignal analysiert und entsprechend verändert werden.
Besonderheiten
Blinkanlage: In Burgfelden befindet sich zwischen Einfahrsignal und erster Weiche ein Bahnübergang mit Blinkanlage, welche bei Ein-/Ausfahrten von/nach Solis jeweils manuell eingeschaltet wird. Das Ausschalten erfolgt automatisch beim Auflösen der Fahrstrasse.
Kreuzung SBB: Von St. Muhrtal herkommend kreuzt die normalspurige Umfahrungsstrecke des Güterbahnhofs das Gleis nach dem Einfahrsignal. Wird die Fahrbahn von der SBB benutzt (Fahrstrasse auf Domino 67 gestellt oder belegt), dann ist eine Ein- oder Ausfahrt von bzw. nach St. Muhrtal nicht möglich. Wie bei der freien Bahn auf die Strecke kann diese von beiden Seiten (RhB und SBB) angefordert oder auch festgehalten werden.
Drehscheibe: Der Bahnhof Solis besitzt eine Drehscheibe mit drei Stellungen für die Depotgleise. Ein Drehschalter wie jener für die Weichen dient der Bedienung. Der Schalter besitzt jedoch drei Stellungen, je eine für jedes Depotgleis. Mit einem zusätzlichen Drucktaster lässt sich die Drehscheibe um 180° drehen.
Durchgangsbetrieb: Mit dem Durchgangsbetrieb soll es dereinst möglich sein, die Station durchzuschalten. Zugsfahrten sind dann nur über das vorgegebene Gleis möglich. Der Block ist durchgeschaltet und der Bahnhof verhält sich wie ein durchgehendes Gleis. Kreuzungen sind dabei nicht möglich.
Entkuppler: Zur Betätigung der an den passenden Stellen der Gleisanlage eingebauten Entkuppler sind im Gleisbild unscheinbare Drucktaster eingebaut. Beim Drücken dieser Taste wird der unter dem Gleis angeordnete Elektromagnet (Eigenbau MECF) für einige Sekunden angesteuert. So lassen sich die mit Kadee-Kupplungen ausgerüsteten Wagen abkuppeln. Dieses System hat sich schon bei der Normalspur bestens bewährt.
Akkustik: Wie beim Original ertönt der Weichenwecker, wenn eine Weiche umstellt beziehungsweise die Endlage nicht erreicht ist. Der Blockwecker dient unter anderem dazu, auf eine von der Gegenstation ausgelöste Anforderung für eine festgehaltene freie Bahn aufmerksam zu machen.
Simulation: Im Simulationsbetrieb lässt sich das Stellwerk zu Test- und Demonstrationszwecken auch ohne angeschlossene Gleisanlage betreiben. Ein Behelfs-Gleisbild mit Kippschaltern für die entsprechenden Gleisbelegungen dient dem Simulieren der Zugsbewegungen.
Schlussbemerkungen
Nach einer Planungs- und Bauzeit von 1,5 Jahren fand die Inbetriebnahme des Schalterstellwerks für die Station Burgfelden statt. Pult und Komponenten für die Bedienung wurden bereits für beide Stellwerke gefertigt. Nach Abschluss der Inbetriebnahme beginnt die Fertigstellung des Stellwerks für die Station Solis sowie die Planung und der Bau des elektronischen Stellwerks eStw für St. Muhrtal.
Jeder, der schon einmal die Gelegenheit hatte, an einem Original-Stellwerk zu schalten, erkennt das originalgetreue charakteristische Verhalten am Modell wieder. Ohne das notwendige Feingefühl beim Schalten bringt man den Schalter kaum in die gewünschte Lage!
Das Prinzip der Schalterstellwerke Bauart Integra war für seine Zeit genial. Wenn man das Prinzip „Weichen - Fahrstrasse - Signal“ versteht, dann beherrscht man rasch auch die Bedienung dieser Stellwerke.
Die Herstellung der Blechteile erfolgte im Laserschnitt-Verfahren, die anderen mechanischen Komponenten sowie Spiralfedern entstanden auf Drehbank, Fräs- und Bohrmaschine.
An dieser Stelle soll noch erwähnt sein, dass dieser Bericht keine Bauanleitung darstellt. Er soll vielmehr eine Idee geben, was möglich ist und vielleicht auch den einen oder anderen Tipp für den Bau eines eigenen Schalterstellwerks beinhalten.
Wir vom MECF freuen uns, mit diesem Schalterstellwerk ein weiteres Schmuckstück auf unserer Clubanlage zu haben.
Ein grosser Dank geht an alle Beteiligten und auch an jene Leute, die uns hilfreiche Informationen zum Original gegeben haben. Dies gilt besonders für die Mitglieder der Betriebsanlage Linthal (BAL), die mit vielen verschiedenen und meist betriebsfähigen Stellwerken und anderen Bahnutensilien einen wertvollen Beitrag zum Erhalt dieses Kulturgutes beitragen.