Hohe Vorbildtreue mit dem damit verbundenen grossen Arbeitsaufwand kennzeichnen die Steuerung unserer Anlage. Der Bericht soll aufzeigen, was machbar ist, beziehungsweise was es benötigt, um die sicherungstechnischen Einrichtungen der Eisenbahn vorbildgetreu nachzubilden. So geht es für einmal nicht darum, Nieten zu zählen, sondern Lämpchen, Tasten, Stelltische, Signale und alle Funktionen nachzubilden.
Vorbild
Als Stellwerke werden landläufig Einrichtungen benannt, welche im Eisenbahnbetrieb Weichen und Signale stellen. Mit ihnen soll einerseits die Sicherheit gewährleistet und andererseits ein effizienter Betriebsablauf ermöglicht werden. Während früher eine komplizierte und ausgeklügelte Mechanik diese Funktion übernahm, sind es heute immer mehr elektrische und elektronische Steuerungen. Dank der Computertechnik lassen sich heute Betriebsabläufe wie Zuglenkung und Überwachung automatisieren.
Schalterwerke waren gelungene Kombinationen von Mechanik und Elektrik mit elektromagnetisch betätigten Verriegelungsklinken. Solche Stellwerkstypen verschwinden zunehmend auf dem Schweizer Schienennetz. 1944 hielten Drucktasten-Stellwerke Einzug, zuerst als Freigabewerke und später als Fahrstrassen-Stellwerke. 10 Jahre später erschienen die ersten Stelltische, bei denen das Gleisbild aus einer Vielzahl gleichförmiger Einheiten zusammengesetzt wurde. Das 1956 von Integra entwickelte System auf dieser Basis erhielt den passenden Namen Domino 55. Der grösste Teil der Schaltungen für Weichen und Signale war bereits in Relaissätze eingebaut. 1968 wurde das erste Domino 67 installiert. Äusserlich ist es dem Domino 55 sehr ähnlich, es ist jedoch mit einem Fahrstrassenspeicher ausgerüstet (im Wesentlichen erkennbar durch die ausleuchtbaren Fahrstrassentasten). Heute sind bei den SBB mehrheitlich diese Domino-Stellwerkstypen zu finden. Neuanlagen werden mittlerweile meist mit elektronischen Stellwerken eStw ausgerüstet.
Im Zuge der Rationalisierung sind in den vergangenen Jahren immer mehr Bahnhöfe an Fernsteuerbereiche angeschlossen worden, wo ganze Netzbereiche gesteuert werden. Der vor Ort tätige Stellwerksbeamte verschwindet, weil seine Aufgaben von den Fahrdienstleitern der Betriebszentralen übernommen werden. In Kommandoräumen mit dutzenden von Bildschirmen lassen sich Regionen überwachen und beinahe jeder Bahnhof der Schweiz steuern.
Quelle: Karl Oehler, Eisenbahnsicherungstechnik in der Schweiz, 1981, Die Entwicklung der technischen Einrichtungen
Bilder in diesem Kapitel: Simon Gander
Modell
Für den abwechslungsreichen Fahrbetrieb ist neben der Gleis- und Liniengestaltung auch die Steuerung verantwortlich. Deshalb wurden vor der Realisierung die Hauptanforderungen an die Steuerung zusammengetragen. Zudem sollte die Steuerung mit den relativ bescheidenen Mitgliederbeiträgen finanzierbar sein. Die Anforderungen lauteten:
- je ein Drucktasten-Speicherstellwerk Typ „Domino 67“ für die Station „Wassen“ und den Güterbahnhof „Burgfelden“ inklusive der abgehenden Strecken (Zug- und Rangierfahrten);
- Drucktasten-Stellwerk Typ „Domino 55“ für die Dienststation bei der Abzweigung „Katzenbach“;
- elektronisches Stellwerk Typ „eStw“ mit Bildschirm und Mausbedienung für den Kopfbahnhof „St. Muhrtal“;
- Fernsteuerung ILTIS für die gesamte Normalspuranlage;
- Zugnummern-Meldeanlage;
- Digital-Mehrzugsystem mit signalabhängiger Zugbeeinflussung.
Einfahrhautpsignal zum Kopf-/Tiefbahnhof. Das Hauptsignal zeigt die Geschwindigkeit-Ausführung 60 km/h, das Vorsignal am gleichen Standort die Geschwindigkeit-Ankündigung 60 km/h. Das Besetzsignal ist gelöscht.
Einfahrhauptsignal vom Vorbahnhof in den Kopfbahnhof. Das Hauptsignal zeigt die Geschwindigkeits-Ausführung 40 km/h. Das beleuchtete Besetztsignal zeigt Einfahrt in ein besetztes Gleis. Es ist ein Hindernis (Lok, Triebzug oder bereitgestellte Wagen) auf dem nächsten Abschnitt zu erwarten. Das Zwergsignal zeigt Fahrt mit Vorsicht.
Steuerungskonzept
Eine den Anforderungen entsprechende Gesamtsteuerung war auf dem Markt nicht erhältlich. So entschloss sich der MECF zu folgendem Steuerungskonzept:
Modellstellwerke
Basis für die Stellpulte bildet das heute nicht mehr erhältliche Mosaiksystem von SYMO. Die dazu erhältlichen Bedienelemente und einige Symbole entsprachen jedoch nicht dem Vorbild, weshalb abgesehen von den Grundelementen alles weitere im Eigenbau entstand.
Praktisch alle Stellwerksfunktionen des Originals sind nachgebaut. Die wichtigsten sind nachstehend grob beschrieben:
Die im Gleisbild eingebauten Zugnummernmelder zeigen dem Fahrdienstleiter, wo sich welcher Zug befindet. Wie beim Vorbild wird die in Zugsgattungen aufgeteilte echte Zugnummer verwendet. Neben dem Zuglauf für Bahnhofsdurchsagen wird damit ebenfalls bestimmt, ob ein Zug in einem Bahnhof bei offenem Ausfahrsignal anhalten muss oder nicht.
Eine vorangestellte Lenkziffer erlaubt im automatischen Signalbetrieb bei Abzweigungen die Lenkung auf den richtigen Zweig. Auf Tastendruck lässt sich die Adresse des entsprechenden Lokdecoders abfragen. Die Bedienung der Zugnummern-Meldeanlage beschränkt sich im Normalfall auf die Eingabe der Zugnummer, wenn ein Zug neu zusammengestellt und für die Zugfahrt vorbereitet wird (über die Zehnertastatur des Stelltisches oder die Eingabeprozedur am Bildschirm). Die Weiterschaltung der Zugnummer von Block zu Block erfolgt automatisch.
Die am Bildschirm anwählbare Übersichtsdarstellung (ILTIS) erlaubt dank den eingeblendeten Zugnummern den Überblick aller Zugstandorte auf der gesamten Anlage.
Für Sonderfunktionen, welche im Normalfall nicht auf Originalstellwerken zu finden sind (Schattenbahnhofsteuerung oder Entkuppler), wurden teilweise ungenutzte Tastenkombinationen verwendet oder zweckmässige Bedienungs- und Anzeigeelemente integriert.
Um die etwa 320 Gleisabschnitte und 4000 Aus- und 1000 Eingänge anzusteuern wurden zwei Leiterplattentypen entwickelt, welche die Signale von der Anlage gebündelt dem Computer (PC) zuführen. Der PC selbst ist mit einer einzigen Schnittstellenkarte für 40 digitale Ein-/Ausgänge bestückt. Die etwa 60 Leiterplatten sind auf vier Stelltisch- bzw. Anlagenbereiche aufgeteilt, so dass die Verbindungen zu den Lämpchen, Tastern, Zugnummernmeldern und Anlagenteilen möglichst kurz wurden.
Für die signalabhängige Zugsbeeinflussung (Bremsen und Beschleunigen bei einem Signalhalt oder einer Geschwindigkeitsreduktion während dem Befahren von Weichen in ablenkender Stellung oder Langsamfahrstellen) wird lediglich ein Synchronisationssignal von der Mehrzugsteuerung verwendet.
Eine für unsere Bedürfnisse zugeschnittene Software war auf dem Markt nicht erhältlich. So wurde beschlossen, ein eigenes Programm in Turbo Pascal zu schreiben. Der Basisteil enthält alle Funktionen ähnlich den bei den SBB verwendeten Relaissätzen pro Gleisabschnitt. Der Konfigurationsteil, welcher mit Tabellen definiert wird, entspricht den Spurkabeln und legt damit die Gleisanlagen fest. Eine Aufzählung aller möglichen Fahrstrassenkombinationen ist deshalb nicht erforderlich. Die Ein- und Ausgänge sind grundsätzlich frei wählbar. Die Zuordnung derer erfolgt ebenfalls über Zuordnungstabellen.
Seit der Inbetriebnahme des Original-Führerstandes, mit dem eine Lokomotive mit Kamera gelenkt wird, sendet die Steuerung die dafür notwendigen Daten an den separaten Führerstandsrechner. So kennt dieser einerseits wo sich der gesteuerte Zug gerade befindet und andererseits welches Signalbild am kommenden Lichtsignal angezeigt wird. Daraus lassen sich auch die topographischen Verhältnisse und Besonderheiten ableiten (Steigung, Kurvenradien, Tunnel usw.).
Überall im sichtbaren Bereich sind zwar Fahrleitungen vorhanden, doch haben sie keine stromübertragende Funktion. Teilweise ausleuchtbare Hilfs- und Abfahrerlaubnissignale sowie Attrappen von Wechselsprechern und Streckentelefonen bereichern die Anlage.
Erfahrungen
Seit etwa 1995 sind die drei Domino-Stelltische in Betrieb und das elektronische Stellwerk mit der Fernsteuerung steht seit 2009 im Einsatz. Die praktisch kompromisslose Nachbildung der Stellwerke war eine grosse Herausforderung. Um so befriedigender war deshalb die Erfahrung, wie gut sich auch ungeübte Clubmitglieder und Gäste mit der Steuerung zurecht finden. Ein interessanter Fahrbetrieb ist bei unterschiedlicher Besetzung möglich und das Zusammenspiel zwischen Stellwerk und Mehrzugsteuerung hat sich bestens bewährt.
Der Arbeitsplatz des Lokomotivführers. Für die Einfahrt gilt ab hier 60 km/h und mit dem Vorsignal wird für die Ausfahrt Geschwindigkeit 40 km/h angekündigt.
Als spezielles Lob betrachten wir die Bemerkungen von Fachleuten, die täglich beim Betrieb oder in der Planung mit Stellwerken zu tun haben. Sie waren der Meinung, dass auf unserer Clubanlage schon beinahe Ausbildung auf diesen Stellwerktypen betrieben werden könnte.