Die Wand im Hintergrund des Kopfbahnhofs St. Muhrtal auf der Anlage des MECF wird durch ein aussen geführtes Ablaufrohr „gestört“. Um diesen Fremdkörper zu kaschieren waren Ideen gesucht. Für den Kamin einer Kehrrichtverbrennungsanlage war das 70 mm Rohr zu dick und eine Hochhaus-Silhouette wäre zu wuchtig geworden. Schliesslich fiel die Wahl auf den Silo der Swissmill-Mühle am Sihlquai in Zürich. Mit ein paar dimensionsbedingten Anpassungen bezogen auf das Original soll ein Relief-Modell des Mühlenkomplexes mit dem markanten Silo einen Teil des Hintergrundes bilden.
Vorbild Swissmill Zürich
Die Mühle kann auf eine bewegte über 175-jährige Geschichte zurückblicken. Auf dem Areal einer früheren Textilveredelung wurde 1843 eine Mühle eingerichtet und 30 Jahre später von der Stadt gekauft. Der Schriftzug ‚Stadtmühle‘ auf der zur Limmat hin gerichteten Fassade zeugt noch immer von dieser Zeit. Seit über hundert Jahren arbeitet die Mühle am Sihlquai als Betrieb des Unternehmenszweigs von Coop und trägt seit 1998 den Namen Swissmill. Sie hat über die Jahre hinweg immer wieder Massstäbe gesetzt und zählt europaweit zu den modernsten, innovativsten Unternehmen der Branche. Details sind auf der Homepage von Swissmill zu finden (www.swissmill.ch).
Wie wird das Getreide in der Mühle verarbeitet? Die Anlieferung des Getreides geschieht per Bahn und der Abtransport der Mühleprodukte über die Strasse. Die auf dem hinteren Teil der Visualisierung gezeichneten Gebäude dienen der Anlieferung sowie der Verpackung, Lagerung und Ablieferung. Der Warenverkehr zwischen Anlieferung und Getreidesilo sowie Mühle und Lagerung/Verpackung erfolgt über die beiden Transportbrücken.
Im Modell nachgebildet wurden der neue Silo, auch Kornhaus genannt, sowie die ursprünglichen Gebäude der Stadtmühle (vordere Reihe der Visualisierung, jedoch ohne das rote Haus).
Modell Swissmill-Mühle St. Muhrtal
Mit dem im Vorraum liegenden Kopfbahnhof St. Muhrtal hat die Anlage des MECF eine zusätzliche Fläche erhalten, die es zu gestalten gilt. Während eine dem Hauptbahnhof Zürich nachempfundene Gleishalle bereits die fünf Hauptgeleise deckt und die Gleisanlagen der Schmalspur auch schon mit einem Perron ergänzt wurden, soll ein entsprechend gestalteter Hintergrund das Gefühl einer Stadtregion vermitteln. Die der Wand entlang verlaufende Schmalspurstrecke soll zudem verdeckt werden. Der Bereich beim Ablaufrohr erhält ein Relief-Gebäude der Swissmill-Mühle, der Rest wird von einer Landschaft mit Nagelfluh-Felsen geprägt. Später soll dann eine auf die Wand gemalte Häuserlandschaft mit Blick Richtung Oerlikon den städtischen Eindruck abrunden.
Konzept
Als Grundlage für den Bau der Swissmill-Mühle dienten verschiedene Bildaufnahmen. Für die Ausführung wurde der aktuelle Zustand gewählt. Aus Platzgründen mussten der Silo verkleinert und wegen der Dachform das Backsteingebäude nach vorne versetzt werden. Auf die Transportbrücken wie auch die für den Betrieb interessanten Industriegleisanlagen musste leider verzichtet werden.
Bau
Der Silo entstand aus einer MDF-Holzkonstruktion. Die aus Bildern zusammengesetzten Solarzellen-Bänder sind in Ausfräsungen eingelassen. Für die anderen Gebäude wurden Polystyrol-Platten in verschiedenen Dicken verwendet.
Eine besondere Herausforderung war die Erstellung der Backstein-Partien. Das im Original aus dem Jahre 1924 stammende Backsteingebäude mit dem kleinen Silo besitzt verschiedene Fensterbögen. Im Handel erhältliche Backstein-Konturplatten eigneten sich deshalb nicht und es gab nur den Weg über den Eigenbau. Die Polystyrol-Platten wurden dazu eingefärbt und die Fugen mit einer Nadel und Lineal eingeritzt. Weil beim Ritzen keine aufgetragene Farbe richtig haftete, wurde ein wasserfester Filzstift verwendet. Bei der Steingrösse von 1 x 2 mm entstanden so über 20‘000 Backsteine! Für die kreisförmigen Fensterbögen diente eine eigens dafür gebaute zirkelartige Ritz- und Schneidevorrichtung.
Eine weitere Herausforderung waren die Fenster. Fensterbänke und Fenstereinfassungen des Mittelteils entstanden aus zugeschnittenen und entsprechend zusammengeklebten Winkelprofilen. Die aus Backsteinen gebauten Bogensegmente entstanden im gleichen Verfahren wie die Fensterbögen des Backsteinbaues. Sie wurden anschliessend auf die Fassade geklebt. Für die Fenster kamen mit dem Schneidplotter zugeschnittene Rahmen zum Einsatz, die dann mit einer Transfer-Folie auf die Fensterfolie appliziert und schliesslich hinter die Fassade geklebt wurden. Schwarz eingefärbte und zugeschnittene Bahnhofgeländer dienen als Fenstergitter im Erdgeschoss.
Für die Mauern des Erdgeschosses wurden handgeritzte Schaumstoffplatten verwendet, für die Rampen-Vordächer verschiedene Polystyrol-Profile.
Die komplexen Konturen der im Dachbereich angeordneten Stuckatur-Bänder und Geländer erforderten den Einsatz eines 3D-Druckers, die restlichen Fassadenelemente entstanden aus Profilstreifen. Die Verzierungen wie auch die auf dem Dachgeländer angebrachten Blitzableiter wurden aus handgeformten Kupferdrähten gefertigt und die Messing-Glocke entstand auf der Drehbank.
Das vorgesetzte Gebäude neuerer Bauart beherbergt die Trafostation. Wegen des mangelnden Platzes vor den Gebäuden und dem dadurch erforderlichen Versatz der Gebäude musste die Trafostation verkleinert werden. Zudem entfallen die Rohrleitungen zu den gegenüberliegenden Gebäuden, weil die Transportbrücken nicht vorhanden sind.
Aus Messingprofilen und Riffelblechen wurden schliesslich die beiden Rampen gebaut.
Zum Schluss erhielt die ganze Fassade Verwitterungs- und Alterungsspuren, was der Swissmill-Mühle St. Muhrtal ein realistisches Aussehen verleiht. Als nächstes stehen die Detailgestaltung der Umgebung und das Malen des Hintergrundbildes an.