Schiene und Strasse haben beide ihr berechtigtes Dasein – das eine ohne das andere ist jedoch in der heutigen Zeit nicht mehr denkbar. Diese Verkehrswege tun aber nur dann ihre Dienste, wenn sich Fahrzeuge auf ihnen bewegen. Die so bewegte Masse bedeutet andererseits auch Energie, was einem bei Verkehrsunfällen ziemlich klar vor Augen geführt wird. Die Physik sagt, dass die Bewegungsenergie proportional mit der Masse zunimmt, aber quadratisch mit der Geschwindigkeit. Und genau diese Tatsache führt zu den unterschiedlichen Machtverhältnissen im Verkehr.
Zur Gewährleistung der Betriebssicherheit wird viel daran gesetzt, bewegte Verkehrsteilnehmer vor Zusammenstössen zu schützen. In den meisten Fällen übernehmen optische Systeme diese Aufgabe, was die Lichtsignale der Eisenbahn und die Ampeln des Strassenverkehrs beweisen. Kreuzen sich Strasse und Schiene, dann treffen Verkehrsteilnehmer mit stark unterschiedlichem Macht- beziehungsweise Energieverhältnis aufeinander. Bei einem eventuellen Zusammenstoss ginge wohl in den meisten Fällen die Eisenbahn als Siegerin hervor. Deshalb gilt diesem Zustand ein besonderes Augenmerk.
Mit kreuzungsfreien Über- bzw. Unterführungen ist das Problem grundsätzlich gelöst, doch nicht immer lohnt sich der Aufwand dafür. Die günstigere Alternative sind Niveauübergänge. Deren Absicherung reicht vom einfachen Hinweisschild bis hin zum modernsten und voll überwachten Schrankensystem – so auch beim MECF! Der nachstehende Bericht zeigt die Entstehung des Barrierenübergangs für die Wassener-Strasse bei der Abzweigung Katzenbach.
Anforderungen
Wie für Eigenbauprojekte üblich sind vorab die wichtigsten Anforderungen zu definieren. Für den Bahnübergang legten wir folgende Hauptanforderungen fest:
- Bahnübergang mit vier Halbschranken
- Blinksignale (Wechselblinker) und akustisches Signal (Lautsprecher)
- zeitlich verzögerter Schliessvorgang für die linke Strassenseite
- Schliess- bzw. Öffnungszeit ca. 5 Sekunden
- zuverlässige und einfach einstellbare Endlage
- ruhiger ruckfreier Lauf
- Endabschaltung und Endlagen-Rückmeldekontakte des Antriebs
- universelle Einbaulage, einfach austauschbar
- Antrieb nach Möglichkeit auf Basis der vorhandenen Weichenantriebe
- Verwendung des vorhandenen Blink- und Tongenerators
- vorbildgetreue Bedienung und Anzeige auf dem Stellwerk (Domino 55/67) und dem Fernsteuersystem (ILTIS)
Realisierung
Bei der Festlegung der Konstruktion galt zu berücksichtigen, dass es sich im Gegensatz zu den über 150 Weichenantrieben um ein Unikat handelt. Da nimmt man einen etwas höheren Aufwand schon mal in Kauf.
Die vier Halbschranken wurden in Messing hergestellt. Gelagert sind die ausbalancierten Schlagbäume auf einer Achse. Die Kraftübertragung erfolgt über eine Rutschfeder. Der Anschlag im geschlossenen Zustand bildet die Stütze am Schlagbaum, welche auf der Strasse aufliegt. Ein Anschlag am vertikalen Träger begrenzt die Lage im offenen Zustand.
Im Original ist der auf dem vertikalen Träger montierte Antrieb gekapselt und beherbergt den Motor, die Lagerung und Kraftübertragung. Im Modell wählten wir anstelle des Motorteils eine drehbar gelagerte Rolle, angetrieben über einen umlaufenden Seilzug. Dieser bedient jeweils zwei gleichzeitig bewegte Schlagbäume und wird von einem Stellmotor, wie er für die Weichenantriebe verwendet wird, angetrieben. Für die Spannung des Seilzugs dienen Gewichte, welche eine konstante Zugkraft garantieren. Zur Sicherstellung einer zuverlässigen Endlage beträgt die Drehbewegung der Rolle für einen Vorgang mehr als 90°, was dank der reibschlüssigen Kraftübertragung auf den Schlagbaum zulässig ist. Vorteil dieser Lösung ist, dass der Schlagbaum stets auf den festen Anschlag gefahren wird.
Die Andreaskreuze mit Blinklampen entstanden aus einem handelsüblichen Bausatz. Die darin enthaltene Elektronik wird so verwendet, dass durch Relaiskontakte das Blinklicht sowie der typische Ton zugeschaltet werden. So lassen sich die elektrischen Signale auch für die beiden anderen Bahnübergänge verwenden, welche ohne Barriere ausgeführt sind.Ansteuerung (Ablauf, Bedienung, Anzeige)Grundlage für die Ansteuerung liefert auch hier das Vorbild. So sieht der Ablauf eines Schliessvorgangs wie folgt aus:
Die Barriere ist nun geschlossen und verriegelt. Der Öffnungsvorgang läuft wie folgt ab:
Die Barriere ist nun wieder offen. Sie lässt sich erst wieder nach Ablauf einer Sperrzeit schliessen. Damit wird verhindert, dass die Barriere gleich nach dem Öffnen wieder schliessen kann.
Auf Strecken sind Barrierenübergänge durch Deckungssignale geschützt. So lässt sich ein Zug schon auf die Strecke schicken, ohne dass zuvor die Barriere geschlossen sein muss. Tritt beim Schliessen eine Störungen auf, dann kann der Zug noch vor der Barriere angehalten werden.
Im Normalfall erfolgt der Schliessbefehl automatisch durch die einlaufende Zugfahrstrasse. Wird der vom Zug befahrene Barrierenabschnitt wieder frei, dann öffnet die Barriere. Für Notfälle sind Bedienungselemente vorhanden, die ein manuelles Schliessen entweder über das Stellpult oder die Fernsteuerung erlaubt. Auch kann eine geschlossene Barriere über plombierte Not-Bedienungselemente geöffnet werden, wobei dabei allenfalls offene Deckungssignale auf Rot fallen. Weitere Sonderfunktionen wie das Verhindern des Öffnungsvorgangs durch den nächsten Zug oder die Bedienaufforderung, wenn die Barriere für mehr als 5 Minuten geschlossen ist, runden die Bedienung ab.
Erfahrungen
Es ist uns klar, dass bei einem regen Fahrbetrieb auf unserer Anlage die Barriere wohl länger geschlossen als offen ist. Durch die Sperrzeit wird aber auch der Bahnbetrieb realistisch beeinflusst, selbst wenn wegen der stehenden Strassenfahrzeuge die Barriere ohne Reklamationen des Automobilverbandes dauernd geschlossen bleiben könnte!
Die Barriere mit ihren Schlagbäumen, Blinklichtern und akustischen Tönen stellt ein weiteres interessantes und bereicherndes Element auf unserer Anlage dar und ist ein gelungener Blickfang geworden.